Eins lebt auf Routen.
Als Routen durch Landschaften, die hart aufeinander stoßen oder weich ineinander gleiten. Da fährt eins immer wieder Bahnen ab. Und auf den Bahnen trifft es was.
Die Plastikdinger sind uns eigentlich Feind. Wir meiden sie. Wir versuchen sie zu ignorieren. Doch als wir auf dieser Brücke, die vor allem eine Straße ist, wie man auch hört, auf einen der innig geliebten Freunde, den Bach (Hainbach heißt er genau) hinunterschauten, mussten wir sehen dass eine von ihnen — aber hat es überhaupt Sinn, bei diesem Massenprodukt, diesem reinen Müll, von einem Individuum zu sprechen? — dass eine von ihnen derzeit zwischen zwei wohlgesetzten Steinen haust, die anscheinend lange schon den freien Lauf des Baches aufhalten und vom allzu wilden Anschwellen abhalten sollen.
Ob sie es nun bedachten damals, diese umtriebigen Humaningenieure, die gewohnt sind, die Stadt zu planen nach ihrem Ebenbild, ihrem Wohlgefallen, ihrem gewohnten Bedarf, oder nicht — sie haben damit sowohl einen Strudel und einen seltsam ruhenden Pool ausgelöst, die beide in engster Nachbarschaft und Wechselwirkung der ansonsten alles mit sich führenden Abwärtsströmung wiederstehen.
Das hat auch unsere neue Freundin, die Flasche, die einmal ein global vertriebenes US-Produkt enthielt, wie immer noch ihr Aufdruck allen verkündet, die dort hinunter schauen, zu spüren bekommen.
Doch zuerst, als wir sie trafen an jenem Tag (denn wir trafen sie dann nur noch einmal) hauste sie nur zwischen den Steinen. Da saß sie entweder in der Falle. Oder sie saß da gut.

Wir fragten einander: Was bist du inzwischen, du Stück Müll? Wovon bist du die Botin? Wohin wirst du gelangen? Oder sitzt du hier nur fest, weil du dich schämst, die Fahrt allen Plastiks anzutreten, vom Hainbach in den Wienfluss, vom Wienfluss in den Donaukanal, vom Donaukanal in die Donau, die Donau entlang ins schwarze Meer, von dort wohl ins Mittelmeer, vom Mittelmeer in den Atlantik, von da hinaus in die offene See, zu einem jener gigantischen Plastikfelder, wo deinesgleichen endgelagert wird.

Da hockte sie also und schämte sich.
Aber wir sind die Passenger, wir wollen alles sich bewegen sehen.
Fragt sich nur: Bewegen sich die Wesen so, wie es ihnen entspricht, oder bewegt sie etwas anderes? Und wenn etwas anderes sie bewegt — ist das nicht stets unnatürlich, ungerecht, von außen erzwungen und also etwas gewaltsam?
Das wollen wir nicht glauben, das machte uns ja zu einem einzigen Sadisten-Schwarm.
Denn als nächstes verbündeten wir uns mit einer Menge herum liegender Rosskastanien, die ihr Stammbaum in die Schwerkraft entlassen hatte. Die hätten sowieso nichts Tolles mehr erlebt. Und die warfen wir dann so gezielt, wie wir konnten, auf die Schwester Flasche.
Das machte sie dann aber schon tanzen!https://www.youtube.com/embed/ceOzmGtrpAY?version=3&rel=1&showsearch=0&showinfo=1&iv_load_policy=1&fs=1&hl=en&autohide=2&wmode=transparent
Aber ach, selbst unsere fiesesten Jump Cuts können uns nicht täuschen: Ihr Tanz währte nicht lang.
Zu groß ist ihre Traurigkeit über eine so unverdient niederträchtige Existenz.
Und sie hat auch ihren Stolz. Als wir sie also einmal zu oft beschossen, hat sie sich, wie es scheint gegen den Sog ihrer Heims, auf den Weg gemacht, um uns zu entkommen.
Doch schon nach kurzer Reise zögerte sie.MAR/03Doch schon nach kurzer Reise zögerte sie.